Es war Samstagmorgen, und Leon wollte mit dem neuen Bus, den er von Northstar bekommen hatte, einen Ausflug machen. Er kam aus seinem Zimmer und fühlte sich nach einer guten Nachtruhe richtig frisch.
Das lag an seiner Aufregung über einen coolen Neuzugang in seinem Spiel:
einen riesigen Golem, den er wie einen Roboter steuern konnte. Die Begeisterung über diesen Neuzugang war noch nicht abgeklungen.
Er ging in die Küche, wo Lily gerade frühstückte. Sie winkte ihn zu sich herüber.
„Leon, da ist etwas Interessantes“, sagte sie.
Leon setzte sich schnell zu ihr an den Esstisch.
„Schau mal“, sagte sie und zeigte ihm ihr Handy. „Die Leute reden über eine neue Statue in Slumdon Town. Sie posten Bilder davon, und viele wollen sie sich jetzt selbst ansehen.“
Leon warf einen Blick auf die Posts und sah Leute, die mit der Golem-Statue posierten, die er in der Nähe des Stadttors aufgestellt hatte. Er las die Online-Kommentare und amüsierte sich über die Reaktionen.
„Verdammt, die Statue ist so cool! Kann sie sich bewegen?“
„Seit wann hat Slumdon Town eine solche Statue?“
„Vielleicht haben sie dort einen legendären Bildhauer? Die Statue ist fantastisch.“
„Könnte es ein Golem sein, der zum Leben erwacht, um Unruhestifter abzuwehren? Hahaha!“
„Aber warum gibt der Baron Statuen den Vorrang vor Wohnraum?“
Leon lachte über die Kommentare.
„Die Statue sieht toll aus“, bemerkte Lily kichernd. „Wer hat sie gemacht? Warum steht so etwas plötzlich in Slumdon?“
„Das ist ein Golem“, antwortete Leon beiläufig.
Lily ließ vor Überraschung ihren Löffel fallen. „Was? Ein Golem? Du meinst, er kann sich bewegen und Leute angreifen?“
„Ja. Es ist ein Golem mit über Level 200 und er ist legendär“, fuhr er fort.
„Was? Wo hast du einen so hochstufigen, hochwertigen Golem her? Du hast gerade erst etwas Cooles bekommen und schon wieder etwas Außergewöhnliches?“, sagte sie lachend.
„Das war eine Belohnung, die ich während einer Dungeon-Expedition mit Elincia und den anderen erhalten habe.“
„Und sie haben dir den Golem einfach so gegeben? Was haben sie dafür bekommen?“
„Nein, so ist es nicht. Der Golem hat wegen meiner Fähigkeiten einen hohen Rang, und ich habe eine Menge – wirklich eine Menge – Ressourcen dafür aufgewendet“, sagte er und seufzte tief.
„Deiner Antwort nach zu urteilen, hast du wohl eine Menge Geld ausgegeben?“
„Viel, aber zum Glück habe ich alles im Spiel bekommen, also ist es nicht so schlimm.“
„Du hast dafür einen Legendären erhalten. Ich würde sagen, das ist es mehr als wert“, bemerkte Lily. Leon nickte zustimmend.
Sie wollten die Nacht in ihrem neuen Wohnbus verbringen und einen Wochenendausflug genießen. Da Freya jedoch nicht mitkommen konnte, blieben nur Leon, Lily und Alfred übrig.
Nach dem Frühstück zogen sie sich schnell um. Leon kam aus seinem Zimmer und sah, dass Lily schon fertig war und einen Koffer neben sich stehen hatte.
„Brauchen wir einen Koffer?“, fragte er leise.
„Wer weiß, was wir brauchen könnten, oder? Ich habe ein paar wichtige Sachen gekauft und sie in den Wohnbus gepackt. Das hier sind nur ein paar zusätzliche Kleidungsstücke für dich und mich“, sagte sie.
„Danke. Lass uns losfahren.“
Sie gingen zum Hotelparkplatz und stiegen in den prächtigen Hausbus. Alfred wartete bereits und fuhr den Hausbus bald aus dem Hotelgelände.
Leon setzte sich neben Alfred nach vorne, während Lily sich hinter ihn setzte und die morgendliche Stadtlandschaft genoss. Sie konnten deutlich die erstaunten Blicke der Passanten sehen, die von dem luxuriösen und prächtigen Hausbus fasziniert waren.
„Du lächelst“, bemerkte Lily.
Leon sagte nichts und genoss einfach den Moment.
„Bist du stolz, dass die Leute dich bemerken?“, fragte Lily.
Leon lachte leise. „Sie bewundern den Wohnbus, nicht die Leute darin.“
„Aber er gehört dir. Er gehört ganz dir“, beharrte sie.
Leon nickte langsam, immer noch beeindruckt von allem, was er jetzt besaß. Es war alles so schnell gegangen. Es war kaum zu glauben, dass seit dem Beginn nur zwei Monate vergangen waren. Ja, nur zwei Monate in der realen Welt. In diesen zwei Monaten waren im Spiel sechs Monate vergangen. Das war eine bedeutende Zeitspanne, wenn man sie im Spiel erlebte, auch wenn sie in der realen Welt kurz erschien.
Das war eine einzigartige Erfahrung, die nur diejenigen machen konnten, die Immortal Legacy spielten. Bedeutete das, dass man mental schneller reifer wurde, wenn man dieses Spiel weiter spielte? Reife sollte sich doch mit der Zeit entwickeln, oder?
Ein 15-Jähriger, der Immortal Legacy zwei Jahre lang spielte, hätte im Grunde genommen vier Jahre mehr Lebenserfahrung im Spiel.
Die Reise dauerte nicht lange – etwa zwei Stunden –, aber dank des außergewöhnlichen Reisebusses war es eine unglaublich bequeme Fahrt. Im Bus spürte man keine einzige Unebenheit; die Fahrt war so ruhig, dass jeder im Bus ganz natürlich das Bedürfnis verspürte, sich auszuruhen oder sogar einzunicken.
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Ihr Ziel war ein einfacher Campingplatz, umgeben von kleinen Bächen. Sie hatten den größten Stellplatz reserviert, der perfekt für ihre Bedürfnisse war. Obwohl es Anfang November war und leise Schneeflocken fielen, konnte nichts ihre Stimmung oder ihre Vorfreude auf den Kurzurlaub trüben.
Als sie ankamen, stiegen Leon und Lily aus dem Bus und genossen sofort die ruhige Umgebung. Die frische Luft, das leise Rauschen der Bäche und die Schneedecke, die langsam den Boden bedeckte, sorgten für eine zauberhafte Kulisse. Sie schlenderten umher, erkundeten die Gegend und bewunderten die Schönheit der Natur.
Hin und wieder schlich sich Lily an Leon heran und nahm seine Hand.
„Was machst du da?“, fragte er.
„Ich bin nur eine kleine Schwester“, antwortete sie kichernd.
Ihre Erkundungstour führte sie schließlich zu einem urigen Café auf dem Campingplatz. Sie machten es sich in bequemen Stühlen gemütlich, genossen warme Getränke und die friedliche Atmosphäre. Die meiste Zeit verbrachten sie in angenehmer Stille, jeder in seine Gedanken versunken, aber beide die Ruhe um sich herum genießend.
Lily atmete tief die frische Luft ein und aus. Dann lächelte sie und grinste. „Das ist wirklich schön. Nächstes Mal sollten wir Freya einladen, oder vielleicht auch Hazel.“
Leon nickte leicht. „Wir können den nächsten Urlaub planen.“
„Du solltest auch deine Freunde einladen. Hast du Freunde?“
Leon hielt inne, als er das Wort „Freunde“ hörte.
„Freya ist meine Freundin“, sagte er nach einem Moment.
Lily kicherte über seine Antwort. „Freya ist eine Freundin, aber sie ist auch deine Kollegin, oder? Ich meine Freunde vom Campus. Hast du dort welche?“
Leon schwieg einen Moment, als ihm klar wurde, dass er niemanden hatte, den er als engen Freund bezeichnen konnte. Er kannte einige Leute aus verschiedenen Aktivitäten und vom Campus, aber niemanden, dem
besonders gut.
„Laura?“, sagte er leise, nachdem er kurz nachgedacht hatte.
„Ja, sie ist deine Freundin, oder?“, antwortete Lily und kicherte immer noch. „Sie ist deine Ex, aber du hast gesagt, ihr
bleibt Freunde, oder?“
„Ja“, bestätigte Leon.
„Wir sollten sie zu uns einladen oder einfach zusammen etwas unternehmen. Ich bin mir sicher, dass Laura
ein paar Freunde gebrauchen, da sie gerade erst wieder in die Stadt gezogen ist, oder?“
Leon schüttelte leicht den Kopf. „Laura kommt ursprünglich aus dieser Stadt und ist ziemlich beliebt – ich bin mir sicher, dass sie jede Menge Freunde hat.“
„Aber trotzdem, lad sie ein. Ich bin mir sicher, dass sie sich darüber freuen würde“, beharrte Lily.
Leon dachte einen Moment über ihre Worte nach und nickte dann.
