„Warte, Jimin“, sagte Sohee und hielt ihn an der Schulter fest. Sie konnte es nicht ertragen, ihn im Regen Fahrrad fahren zu sehen.
In diesem Moment hielt wie zum Verhöhnen ein brandneuer schwarzer Wagen direkt hinter ihnen. Jake stieg mit einem großen Regenschirm aus, der Platz für beide bot.
Sohee drehte sich zu ihm um, biss sich auf die Lippe und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Jimin.
„Komm doch mit uns mit. Wir bringen dich nach Hause.“
Jimin hob den Kopf und die Kamera fing seinen Gesichtsausdruck ein.
[+5 öffentliche Wahrnehmung. 100.000 Follower erreicht.]
[Bekanntheitsgrad: 44,5 %]
[Strafe: Innerhalb eines Monats an einer Varieté-Show teilnehmen.]
[+10 %, wenn nicht erfüllt.]
[Strafe: Lament’s Embrace, passiver Booster]
[Eine schwere Aura der Melancholie zieht Mitleid und Unbehagen bei den Menschen in der Nähe auf sich. Wird automatisch in Momenten der Angst, Trauer oder flüchtigen Hoffnung aktiviert und verstärkt die mitleiderregende Ausstrahlung des Benutzers.]
Genau in diesem Moment hatte Zeno diese Upgrades, sodass die mitleiderregende Aura durch die Decke ging, als er auf dem Bildschirm zu sehen war.
Seine Augen zeigten die Hoffnungslosigkeit von jemandem, dem seine erste Liebe direkt vor seinen Augen weggenommen wurde.
Yujin schnappte nach Luft und hielt sich vor Schock die Hand vor den Mund. Sein Ausdruck löste etwas in ihr aus – den Drang, ihn zu umarmen.
Zenos Augen waren rot, weil er sie trotz der heftigen Regentropfen offen hielt.
Das erweckte jedoch den Eindruck, als würde er weinen, aber den Regen zu seinem Vorteil nutzen.
Young schniefte und war gerührt, dass die Szene, die er so sorgfältig geschrieben hatte, nun zum Leben erweckt wurde. Das war genau das, was er von Zeno wollte!
Sogar die Crew, die es gewohnt war, mit unterdurchschnittlichen Schauspielern (wenn man sie überhaupt so nennen konnte) zu arbeiten, hatte das Gefühl, dass dies die Art von Menschen waren, die sie filmen sollten – und nicht diejenigen, die nur über Beziehungen oder Einfluss verfügten.
Es war unglaublich, und sogar Jordie, der Zenos Talent lange Zeit nicht anerkennen wollte, spürte es.
Am meisten spürte es jedoch Shelly.
Deshalb war auch ihr Gesichtsausdruck sehr zufrieden.
Jake ging näher zu den beiden und bedeckte Sohee mit dem Regenschirm.
„Kommst du?“, fragte er.
Jimin presste die Lippen zusammen und stellte die Füße auf die Pedale.
Da Zeno sich völlig kraftlos fühlte, fummelte er an den Pedalen herum, was Jimin noch mehr das Herz brach.
Als er sich endlich wieder gefangen hatte, sah Jimin die beiden ein letztes Mal an – immer noch mit dem gleichen hoffnungslosen Ausdruck.
„Bis morgen“, sagte er nur, bevor er davonradelte und die beiden im Schatten von Jakes Regenschirm zurückließ, während er selbst vom Regen durchnässt wurde.
Die Kameras filmten weiter, wobei der Fokus auf Zenos Rücken lag. Auch wenn sein Gesichtsausdruck nicht zu sehen war, strahlte seine Haltung dennoch die Traurigkeit von jemandem aus, der gerade zurückgewiesen worden war …
… oder von jemandem, der viel zu viele Upgrades und Strafen erhalten hatte.
„Cut!“, rief Young in seiner emotionalen Erregung.
Die Produktionscrew war immer noch beeindruckt. Zeno fuhr weiter mit seinem Fahrrad und sie fragten sich, wohin er wohl fuhr. Sie ließen ihn jedoch machen, was er wollte.
Sie konnten immer noch nicht glauben, dass sie gerade etwas so Herzzerreißendes in Echtzeit miterlebt hatten!
„Was war das?“, flüsterte Sammy hinter Jordie.
Jordie schreckte aus seinen Gedanken auf und drehte sich zu Zeno um, der in der Ferne mit dem Fahrrad unterwegs war. Zum ersten Mal spürte er Bewunderung in seinem Herzen aufkeimen.
Lange Zeit wusste er nicht, was er werden wollte. Deshalb hatte er die Highschool abgebrochen und war Influencer geworden.
Er hatte das Aussehen und den Körper dafür und wurde sofort berühmt. Und so sehr es ihm auch Spaß machte, er hatte das Gefühl, dass dies etwas war, was er wirklich tun wollte.
Schauspielern.
Aber nicht nur das.
Er wollte so sein wie Zeno.
„Alles okay?“, fragte Sammy nach einer Weile und riss ihn aus seinen Gedanken.
Dann weiteten sich seine Augen, als ihm klar wurde, was er gerade gedacht hatte. „Mir geht es gut!“, rief er lauter als beabsichtigt.
Sammy erschrak. „Ich habe mich nur gewundert“, murmelte sie. „Du musst dich nicht so erschrecken.“
Jordie räusperte sich und stand aufrecht da. „Ich habe mich nicht erschreckt“, sagte er und verschränkte die Arme vor der Brust.
Daraufhin lächelte Sammy. „Findest du nicht auch, dass diese Szene legendär werden wird?“, fragte sie.
„Zeno ist eigentlich ziemlich gut … und sieht auch gut aus.“
Jordie schnalzte mit der Zunge. „Die Szene wird wegen der Handlung legendär werden. Du kannst ihm nicht alle Ehre geben.“
Sammy zuckte mit den Schultern. „Wie auch immer“, murmelte sie. „Ich werde versuchen, seine Nummer zu bekommen.“
Jaehyun und Shelly waren ebenfalls überrascht.
Entgegen Shellys anfänglicher Annahme war die Szene ganz anders verlaufen. Sie hatte gedacht, dass sie wegen ihrer Aufregung darüber, dass Jaehyun endlich ihre Figur ausgewählt hatte, Schwierigkeiten haben würde.
In diesem Moment konnte sie jedoch nur an Zeno denken – nein, an Jimin.
Ja, an seine Figur.
Sie konnte nicht anders, als zu denken, dass es gar keine so schlechte Idee war, mit ihm zu gehen.
Zeno hingegen hatte das Ende des Sets erreicht. Er wurde von einer Wand aufgehalten, seine Kleidung klebte noch an seiner Haut. Der Himmel war bereits dunkel und seine einzige Lichtquelle war die schwache Straßenlaterne vom anderen Set.
Hier gab’s nicht mal eine!
Er spürte wieder diese Hoffnungslosigkeit, die ihn bei seiner Mission überkam.
Zeno schaute zum Himmel und wollte schreien, egal, ob die Ascendants ihn noch mehr bestrafen würden. Er wollte nur seine Botschaft rüberbringen.
Doch bevor er anfangen konnte, hörte er Stimmen von der anderen Seite der Wand – dem Set, wo „Stars Among Us“ gedreht wurde.
Anscheinend wurde dort auch noch spät in der Nacht gedreht. Zeno runzelte die Stirn, als er die andere Stimme als die von Minseok erkannte, während die andere ihm unbekannt war.
„Bist du sicher, dass deine Firma etwas gegen Zeno Han in der Hand hat?“, fragte die unbekannte Stimme.
„Ja, Sir“, sagte Minseok, wobei man die Gerissenheit in seiner Stimme trotz der Trennwand deutlich hören konnte.
Zenos Augen weiteten sich leicht und er hielt inne.
Vielleicht war die Hoffnung noch nicht verloren.
