Die Stille war ohrenbetäubend, eine erdrückende Abwesenheit, die sich unendlich in alle Richtungen ausbreitete.
Kein Geräusch, kein Licht, keine Wärme.
Nur Dunkelheit.
Sie schwebte ziellos, schwerelos und ungebunden. Sie konnte ihren Körper nicht spüren, konnte nicht sagen, wo sie aufhörte und die Leere begann.
Zeit hatte hier keine Bedeutung – Sekunden, Minuten oder Stunden hätten vergehen können, und sie hätte es nicht bemerkt.
Ihre Gedanken waren fragmentiert, verstreut wie Blätter im Sturm.
Wer bin ich?
Die Frage schwebte in ihrem Kopf, unbeantwortet. Ihr Name kam ihr fern vor, wie ein leises Echo aus einem vergessenen Traum.
Wo bin ich?
Das war noch schwerer zu begreifen.
Es gab nichts – keine Erinnerung, keine Empfindung, keinen Grund.
Nur sie, schwebend in der Leere.
Dann, weit vor ihr in der endlosen Leere, erschien ein Lichtpunkt.
Er war unglaublich klein, wie der schwächste Stern an einem weiten, mondlosen Himmel. Sie bewegte sich nicht auf ihn zu – er war einfach da und zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, an einem Ort, an dem es sonst nichts gab.
Ihr Blick fixierte das Licht, und langsam, unmerklich, begann es zu wachsen.
Während es sich ausdehnte, kitzelten leise Flüstern an den Rändern ihres Bewusstseins. Die Worte waren undeutlich, bruchstückhaft, von einem nicht vorhandenen Wind getragen, der wie eine Feder ihr Bewusstsein streifte.
„… finde … dich …“
Ihr Herz – oder das, was sich wie ihr Herz anfühlte – setzte einen Schlag aus. Die Stimme kam ihr bekannt vor, schmerzlich bekannt. Sie strengte sich an, mehr zu hören, und schärfte ihre Sinne gegen die bedrückende Leere.
„… ria …“
Der Klang ihres Namens ließ sie erschauern. Die Stimme war nicht mehr weit weg – sie war nah, unmöglich nah, als wäre sie ihr vertraut.
Doch das war sie nicht.
„… ich werde … dich … finden … ria.“
Die Worte waren jetzt etwas klarer, erschreckend klar, direkt in ihren Kopf geflüstert. Sie hatten Gewicht, eine Gewissheit, die tief traf, und mit ihnen kam eine Welle von etwas Scharfem und Rohes – Angst vielleicht oder Hoffnung.
Das Licht flackerte plötzlich auf und verschlang die Dunkelheit in einem Augenblick. Sie presste die Augen zusammen, als die Helligkeit sie überwältigte, und das verwirrende Gefühl des Fallens ergriff sie.
Als sie die Augen öffnete, schwebte sie nicht mehr in der Leere. Sie schnappte nach Luft, ihre Brust hob und senkte sich, als wäre sie unter Wasser gewesen und hätte gerade erst die Oberfläche erreicht.
Die Welt um sie herum war ihr fremd. Die Luft war kühl und roch leicht nach feuchter Erde und etwas Scharfem, Metallischem. Schatten tauchten um sie herum auf, ihre Umrisse waren undeutlich, und ein leises Summen von Energie brummte in ihren Ohren wie statisches Rauschen.
Sie drückte ihre Hände gegen den Boden – kalter, unebener Stein. Die Textur verursachte ein Stechen in ihren Handflächen und holte sie zurück in die Realität. Ihr Atem ging unruhig, während ihr Verstand verzweifelt versuchte, zu begreifen, wo sie war und was gerade passiert war.
Aber die Stimme hallte in ihrem Kopf nach.
„Ich werde dich finden.“
Die Worte hallten leise nach, wie eine verklingende Melodie, und ließen sie verunsichert zurück, aber dennoch an etwas gebunden, das sie nicht ganz fassen konnte. Sie ballte die Fäuste und hob den Blick, um ihre Umgebung zu erfassen.
Die Dunkelheit war verschwunden.
Aber die Erinnerung daran blieb.
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Sie setzte sich langsam auf, ihr Kopf pochte, während sich ihre fragmentierten Gedanken langsam zu einem Ganzen zusammenfügten. Ihr Blick wanderte durch den Raum, während sie leise ein einziges Wort murmelte:
„Ria …“
Ihre Stimme klang heiser und fremd in ihren Ohren. War das ihr Name? Es fühlte sich richtig an, aber es war nur ein schwacher Eindruck, wie eine Erinnerung, die sie nicht ganz zurückholen konnte. Sie runzelte die Stirn und sah sich um.
Der Raum war klein und spärlich eingerichtet, aber in seiner Schlichtheit seltsam beruhigend. Die Steinwände waren rau und uneben und verliehen dem Raum ein rustikales Flair. An einer Wand hing ein zerbrochener Spiegel, dessen gezackte Kanten das schwache Licht einer unsichtbaren Lichtquelle reflektierten. Darunter stand ein einfacher Holztisch mit zwei zusammengewürfelten Stühlen. In der Nähe stand ein bescheidenes Bett mit einer abgenutzten, fleckigen Decke, das leicht unordentlich war.
Sie schüttelte den Kopf, Frust stieg in ihr auf. Wo bin ich? Diese Frage ging ihr durch den Kopf, als sie sich aufsetzte und sich an die kalte, unebene Wand lehnte, um sich abzustützen.
Bevor sie sich in ihrer Umgebung zurechtfinden konnte, erschreckte sie das Knarren einer Holztür. Sie drehte ruckartig den Kopf und ihr Körper spannte sich instinktiv an.
Eine junge Frau trat in den Raum, ihr schwarzes Haar war zu einem lockeren Zopf zusammengebunden. Ihre roten Augen suchten schnell den Raum ab, bevor sie auf die Gestalt auf dem Boden fielen.
„Oh, du bist wach!“ Die Stimme der Frau war leise, aber sie klang erleichtert. Sie eilte herbei und kniete sich neben sie. „Bist du aus dem Bett gefallen? Bist du verletzt? Komm, ich helfe dir.“
Die Frau streckte ihr eine Hand entgegen, und obwohl sie zögerte, nahm sie sie. Die Frau hielt sie fest, aber sanft, als sie ihr aufhalf. Ihre Beine fühlten sich schwach an, wackelig unter ihrem Gewicht, aber die Frau stützte sie mühelos.
„Setz dich hierhin“, sagte die Frau, führte sie zu einem der Holzstühle und half ihr hinein.
Einen Moment lang herrschte Stille zwischen ihnen, während sie sich an die Festigkeit des Stuhls unter sich gewöhnte.
Die Frau setzte sich ihr gegenüber, ihr Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Neugier und Besorgnis.
„Ich habe dich gestern in der Nähe des Schwarzen Sees gefunden“, begann die Frau. „Du warst bewusstlos. Ich konnte dich nicht einfach dort liegen lassen, also habe ich dich hierher gebracht. Und jetzt bist du wach. Das ist gut.“ Sie lächelte schwach, obwohl es die Sorge in ihren Augen nicht ganz verbergen konnte. Wer bist du, Schwester? Warum warst du in der Nähe des Schwarzen Sees?
Sie zögerte und senkte den Blick auf den Tisch. Die Worte lagen ihr schwer in der Kehle. „Ich weiß nicht … Ich kann mich nicht erinnern.“
„Häh?“ Die Frau gab einen überraschten Laut von sich und fragte zögernd: „Nicht einmal deinen Namen?“
Sie runzelte die Stirn, als ihr der Name, den sie zuvor gesagt hatte, wieder in den Sinn kam. „Ich glaube … ich heiße Ria.“
Das Lächeln der Frau wurde sanfter. „Ria … Das ist schon mal ein Anfang.“ Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, und Erleichterung zeigte sich in ihrem Gesicht. „Gut. Ria, du kannst hierbleiben, bis deine Erinnerungen zurückkommen. Solange du mir ein bisschen im Haushalt hilfst, ist das okay?“
Ria nickte langsam, und ein kleines, zaghaftes Lächeln huschte über ihre Lippen. „Danke … dass du mir hilfst.“
„Das ist doch keine Mühe“, antwortete die Frau, stand auf und bedeutete Ria, ihr zu folgen. „Komm, ich bring dir was zu essen. Es ist Frühstückszeit.“
Ria rappelte sich auf, ihre Beine waren noch wackelig, aber jetzt schon kräftiger. Sie folgte der Frau in den Nebenraum, ihre nackten Füße streiften den kühlen Steinboden.
Der zweite Raum war größer, in der Mitte stand ein stabiler Holztisch. Einfache Teller und Besteck waren ordentlich aufgestellt, und der schwache Duft von frisch gebackenem Brot und etwas Herzhaftem lag in der Luft. Ein kleiner Ofen in der Ecke strahlte eine leichte Wärme aus, und Regale mit Gläsern und Utensilien verliehen dem Raum eine gemütliche, wohnliche Atmosphäre.
„Setz dich“, forderte die Frau sie auf und zog einen Stuhl für sie heran.
Ria gehorchte und ihre Sinne wurden von den Gerüchen und der Wärme des Raumes angezogen. Sie beobachtete, wie die Frau sich mühelos bewegte und Teller mit Brotscheiben, Butter und einer Kanne mit dampfendem Tee herüberbrachte.
Während die Frau ihr eine Tasse einschenkt, blieb Rias Blick auf die Szene gerichtet, und ein flüchtiges Unbehagen stieg in ihr auf. Sie konnte sich nicht an ihre Vergangenheit erinnern, aber irgendwie fühlte sie sich fehl am Platz.
Doch vorerst beschloss sie, sich auf die Wärme des Tees und das freundliche Lächeln der Frau zu konzentrieren.
„Iss auf, Ria“, sagte die Frau sanft und setzte sich wieder ihr gegenüber. „Du wirst deine Kräfte brauchen.“ Dein Abenteuer geht weiter bei empire
Ria nickte und umklammerte die Tasse mit den Fingern, während sie einen Schluck nahm. Die leichte Süße des Tees gab ihr für einen Moment Halt.