Emeric und ich sahen uns ein paar Sekunden lang an, dann verließ Emeric mit einem kalten „Tsch“ die Cafeteria, sichtlich genervt, mich zu sehen, noch dazu mit Aria. Aber seine lächerliche Gefühlsausbreitung war mir egal. Er sollte dankbar sein, dass ich ihm den Arsch gerettet hatte.
Aria und ich ignorierten Emeric, nahmen unsere Tabletts und suchten uns etwas zu essen aus, bevor wir uns an einen freien Tisch setzten. Die Cafeteria war voller Schüler, und das Geschwätz und Klappern des Geschirrs sorgte für eine lebhafte Atmosphäre. Während wir aßen, wanderten meine Gedanken zurück zu den jüngsten Ereignissen um Rowan, den Traumjäger.
Letzte Woche waren Rowans Verhör und Prozess zu Ende gegangen. Seine Taten, bei denen er seine Fähigkeit eingesetzt hatte, um seine Klassenkameraden und andere Schüler, darunter auch seinen kleinen Bruder Emeric, zu kontrollieren, waren aufgedeckt worden. Die Ermittlungen hatten noch schlimmere Verbrechen ans Licht gebracht, die er hinter den Kulissen in der Stadt begangen hatte – Erpressung, Nötigung und sogar illegale Geschäfte auf dem Schwarzmarkt.
Die Beweise waren erdrückend, und Rowan war zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Um sicherzustellen, dass er seine Fähigkeit nicht nutzen konnte, um zu fliehen oder weiteren Schaden anzurichten, banden sie seinen Äther mit speziellen Ketten und nahmen ihm so seine Kräfte. Es war ein angemessenes Ende für jemanden, der so viel Leid verursacht hatte.
Was mich zufriedenstellte, war, dass er früher gefasst und entsprechend bestraft wurde. Schließlich gelang es ihm in dem Roman, sich noch etwa zwei Jahre lang in Sicherheit zu bringen, nachdem er knapp aus der Situation entkommen war.
Richtig, er benutzte seinen kleinen Bruder Emeric als Sündenbock. Da Emeric bereits mit Aurelius verfeindet war und Rowan hinter den Kulissen die Fäden zog, war es Emeric, der zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Sein Schicksal danach war unbekannt. Schließlich sollte er sich noch im Gefängnis befinden, als der Roman spielte.
Wie auch immer, jetzt, wo meine Handlungen den Handlungsverlauf verändert haben, wird sich das definitiv auf die Zukunft auswirken. Aber ich bin erleichtert, dass Lyra nicht ein weiteres Opfer des Traumjägers werden und als mächtigste Bösewichtin enden muss.
Es ist allerdings lächerlich, dass ausgerechnet sie sich der Kontrolle von Rowan entziehen und ihn in seinem eigenen Spiel schlagen konnte.
Haha, die Leser waren von dieser Wendung wirklich überrascht und fasziniert.
„Adrian?“
Ah! Mist, ich war zu vertieft.
Es war Arias Stimme, die mich in die Gegenwart zurückholte.
„Alles okay? Du scheinst in Gedanken versunken zu sein“, sagte sie, nachdem ich aus meinen Gedanken aufgeschreckt war.
Ich schüttelte leicht den Kopf, um meine Gedanken zu klären. „Ja, entschuldige.“
Aria hörte auf zu essen und sah mich an. „Hast du … an dieses Mädchen gedacht?“
Eh, woher kam das denn?
„Nein, warum sollte ich an sie denken?“, antwortete ich. Hmm … Moment mal, hat der Ring an ihrer Hand gerade vibriert?
Sag mir nicht, dass sie gerade die Lügenerkennungsfunktion des Rings benutzt hat … Dann …
„Ich musste an Rowan denken, als ich ‚ihn‘ gesehen habe“, entschied ich mich, ehrlich zu sein.
„Ah, ihn, hm …“, nickte Aria und aß weiter.
„…“
Es scheint, als sei es auch in dieser Welt schwer, Frauen zu verstehen…
Ich verstehe, dass sie eifersüchtig gewesen sein könnte, aber ihre plötzliche Frage hat mich aus der Fassung gebracht. Ich hätte nicht gedacht, dass sie den Lügendetektorring tatsächlich benutzen würde, um meine Gedanken über eine andere Frau zu überprüfen. Vielleicht vertraut sie mir noch nicht ganz. Oder es ist eine Seite ihrer Persönlichkeit, die ich bisher noch nicht kennengelernt habe.
„Ich kenne sie.“
„Hmm?“ Worüber redet sie wieder?
„Ich kenne auch ihren Meister.“
Hmm… Meint sie die Geschichte hinter ihnen?
„Okay, lass uns später darüber reden“, sagte ich, da viele Leute in der Nähe waren und es ein heikles Thema war.
„In Ordnung.“
________ ___ __
Nach dem Abendessen gingen wir direkt zum Wohnheim und dann in mein Zimmer. Ich schnappte mir ein paar Snacks und Getränke, um die Zeit angenehmer zu verbringen.
Aria nahm einen Schluck von ihrem Getränk, bevor sie anfing. „Wenn du weißt, Rhea’s Meisterin, Veda Silverbloom, ist unter dem Titel ‚Die Zauberin der Elixiere‘ bekannt. Vor etwa 10 Jahren war sie eine der angesehensten Alchemistinnen auf dem Kontinent. Ihre Tränke sollen Wunder gewirkt haben, und ihr Wissen über magische Kräuter war unübertroffen. Viele Leute suchten sie um Hilfe auf, und sie hat nie jemanden abgewiesen.“
Ich nickte, da ich einiges davon bereits wusste, ließ Aria aber ununterbrochen weiterreden.
„Aber alles änderte sich, als sie eine Schülerin aufnahm“, sagte Aria mit immer düsterer werdender Stimme. „Ihre Schülerin war eine junge Frau namens Liora. Sie war brillant, talentiert und hatte eine natürliche Begabung für die Alchemie. Veda war stolz auf sie, und es schien, als wären sie ein perfektes Paar. Doch dann begannen die Probleme.“
Aria hielt inne und sah mich kalt an. „Liora wurde ehrgeizig, zu ehrgeizig. Sie wollte ihre Meisterin Veda übertreffen und war bereit, dafür alles zu tun. Es kam heraus, dass sie mit verbotenen Techniken und Zutaten experimentierte und dabei die Grenzen des Sicheren und Ethischen überschritt. Veda versuchte, sie zu bremsen, aber Liora hörte nicht auf sie.“
Der Raum schien kälter zu werden, als Aria fortfuhr. „Eines Tages, während eines ihrer verbotenen Experimente, ging etwas schief. Es gab eine Explosion in Veda’s Labor und Liora wurde davon erfasst. Es wird gemunkelt, dass sie überlebte, aber schrecklich entstellt wurde und ihre magischen Fähigkeiten verloren gingen. Veda war am Boden zerstört und gab sich selbst die Schuld, dass sie ihre Schülerin nicht unter Kontrolle hatte.“
Ich hörte zu, wie die Geschichte ein tragisches Bild von fehlgeschlagener Ambition zeichnete. „Was ist danach mit Liora passiert?“, fragte ich.
„Sie ist verschwunden“, sagte Aria leise. „Manche sagen, sie sei untergetaucht, weil sie sich zu sehr schämte, um jemandem gegenüberzutreten. Andere glauben, sie sei einer dunklen Alchemistengruppe beigetreten, in der Hoffnung, einen Weg zu finden, ihre verlorenen Kräfte wiederzuerlangen. Niemand weiß es wirklich.“
Aria seufzte und sah traurig aus. „Veda nahm danach nie wieder einen Schüler auf. Sie zog sich aus der Öffentlichkeit zurück und konzentrierte sich nur noch auf ihre Arbeit. Als sie schließlich Rhea als ihre Schülerin akzeptierte, war das für alle, die sie kannten, eine große Überraschung. Viele waren skeptisch und dachten, sie würde nie wieder einem Schüler vertrauen.“
Ich lehnte mich zurück und nahm die Geschichte in mich auf. „Das erklärt, warum Rhea so unsicher wirkte“, sagte ich. „Sie muss unter großem Druck stehen, da sie versucht, einem solchen Erbe gerecht zu werden, und gleichzeitig weiß, was mit ihrer Vorgängerin passiert ist.“
Aria nickte. „Stimmt. Aber ich bin mir sicher, dass Meisterin Veda etwas Besonderes in Rhea gesehen haben muss, um sie trotz allem aufzunehmen.“
Natürlich, schließlich …
